AW: Wie kann ich meine Gefühle für meine Ex beenden ?
Freitag (am Samstag)
Ich habe mehr und mehr den Eindruck, dass wir in diesem Forum einander helfen wollen. D.h. ich würde (dir) gerne helfen, was wiederum nicht ausschliesst, dass ich mir dadurch auch gerne selber helfen möchte. Deine Problematik, deine Fragen, deine Einsichten helfen mir diesbezüglich. Das Nachdenken über deine Problematik löst bei mir so etwas wie „springende“ Assoziierungen aus.
Vielleicht kann ich dir ja auch nur eventuell helfen, wenn ich gleichzeitig versuche, mir selber zu helfen.
Könnte es sein, dass du bei deinen nachfolgenden Lieben, deine erste grosse Liebe wiederholst, bzw. nachspielst?
Könnte es sein, dass du den damaligen Schock (= Trauma) noch immer nicht überwunden hast?
Was ich damit meine, kann ich dir nur anhand dessen erklären, was ich bei mir selber zu verstehen suche.
Meine ganz grosse Liebe erlebte ich in den 80er Jahren. Es war nicht meine erste Liebe, auch nicht meine letzte, aber es war die „prägende“ Liebe, die schicksalhafte Liebe. Alles was ich seither erlebt habe, steht damit in Zusammenhang.
Ich bin damals (89) aus dieser 5jährigen extrem intensiven Beziehung verzweifelt geflohen, obwohl ich diesen Mann über alle Massen liebte, um mich zu „retten“. Ich bin mir sicher, dass auch ich eine grosse Liebe seines Lebens war. Es ist mir, als hätte ich „alles gewusst“, als ich ihn das erste Mal sah.
Wie das alles war, meine Erzählung, ist hier nicht ausschlaggebend und würde das Thema sprengen.
Gesagt sei nur, dass ich deshalb hier (in „S“) gelandet bin, weil mir ein Leben mit und ohne ihn auf dem gleichen Kontinent nicht möglich war. 3 Jahre nach unserer Trennung verunglückte er tödlich (wovor ich mich u.a. auch gefürchtet hatte). 1 Jahr davor ( ich hatte gerade erfahren, dass ich ein Kind erwartete) sahen wir uns zum letzten Mal, wobei es uns nicht erspart blieb, erschüttert wahrzuhaben, dass wir einander nach wie vor, wie eh und je liebten, obwohl wir beide andere, ganz andere Beziehungen eingegangen waren.
Für mich gab es kein Zurück, aber auch, wie ich ja seither erleben musste, kein wirkliches Vorwärts.
Es gibt sie wohl, die fatale Liebe.
Die Ehe mit dem Vater meines Sohns war von sehr kurzer Dauer. Meine vernünftige Flucht in die „Sicherheit“ hat natürlich nicht funktioniert. Es war seine dritte Ehe, er hatte sich, kurz bevor er mich kennenlernte, von seiner 2. Frau getrennt. Wir waren also beide heftig am „Verarbeiten“. Doesn’t work... und so manches andere didn’t work either. Während der Ehe litt ich an chronischer Angina und war unfähig, schöpferisch zu arbeiten. Unsere Trennung löste bei mir, trotz all der damit verbundenen Problematik und der verantwortungsvollen Aufgabe des Alleinerziehens (was ich aber eigentlich sowieso schon tat), ein Gefühl grosser Erleichterung aus. Er hat danach noch zweimal geheiratet, ich war in erster Linie Mutter (und ich war es voll und ganz und hingebungsvoll) Und: ich wurde ab sofort wieder kreativ und diesbezüglich wieder einigermassen befriedigend und vielseitig tätig.
In dieser Zeit (i.e. den letzten 18 Jahren) erschien auch immer wieder einmal (nicht wirklich oft, man muss mich ja effektiv erst einmal aufspüren) ein Mann in meinem Leben. Ein jeder war natürlich anders, aber die Männer, die bei mir ein starkes Liebesgefühl (oder das was ich, ob ich will oder nicht, damit identifiziere, da es scheinbar unweigerlich mit viel Schmerz verbunden ist) auslösten, weisen trotzdem Gemeinsamkeiten auf. D.h. sie gestatten mir, - im Zeitraffertempo - mein Trauma/Karma, oder Teilaspekte davon, ich habe den Eindruck: in immer krasserer Form, nachzuspielen.
Für mich wurde es zumindest immer krasser.Und meine typologische Tendenz zur Introversion nahm dabei immer mehr zu.
Es ist mir bisher nicht gelungen, dieses Muster zu unterbrechen. Ich bin weder gefühllos (im Gegenteil, ich schwappe fast über) noch unintelligent, noch unerotisch, noch unpraktisch, noch ohne kreative Resourcen. Ich bemühe mich, arbeite kontinuierlich an mir selbst. Ich „weiss“ was ich „falsch“ mache und stehe trotzdem DIESEM Phänomen gewissermassen ohnmächtig gegenüber. Dafür schiebe ich niemandem die Schuld zu. Ich „meistere“ mein sicher nicht ganz einfaches Leben und wenn du das alles nicht wüsstest, würdest du mich wahrscheinlich spontan für einen glücklichen, ausgeglichenen, vielleicht sogar „weisen“ Menschen halten (so wie meine Freunde und durchaus manchmal ich selber auch).
Trotzdem würde ich dir das gern ersparen.
Mein Rat (ob er gut ist, weiss ich nicht). Horch in dich hinein- gnadenlos. Ich wünsch es dir wirklich nicht, aber vielleicht liegt der Hund in der noch nicht bewältigten grossen Liebe 1 begraben. Vielleicht gibt es Dinge, die wir ganz verstehen, ganz hinter uns lassen müssen, bevor wir wirklich weitergehen können, bevor wir ein “fatales Muster“ hinter uns lassen können.
So, daran habe ich jetzt etliche Stunden geschrieben (d.h. ich hab heut noch nicht viel anderes getan), bin auf vieles, auf das ich ursprünglich eingehen wollte, nicht eingegangen und habe wahrscheinlich auch das, was ich dir vermitteln will, nicht ganz so ausdrücken können, wie ich wollte. Aber vielleicht verstehst du trotzdem, was ich damit sagen will und vielleicht hilft es dir irgendwie.
Heute Nacht hatte ich einen plötzlichen, starken Nesselausschlag. Er kam wie aus dem Nichts und war heute morgen wieder spurlos verschwunden. A sudden heavy experience. Vielleicht können gewisse Dinge einen Ausschlag geben.